Soziokratische Kreisorganisationsmethode

Die Soziokratische Kreisorganisationsmethode SKM formalisierte erstmals die Soziokratie als Führungsmodell für mitverantwortliche Zusammenarbeit. Sie definiert dazu vier Praktiken als ihre Grundpfeiler: die Konsent-Entscheidung, den Kreis, die doppelte Verknüpfung und die soziokratische Wahl. Davon ausgehend, bildet sie ein kohärentes System effektiver Zusammenarbeit.

Pfeiler der Soziokratie: Kreis
Pfeiler der Soziokratie: doppelte Verknüpfung
Pfeiler der Soziokratie: Konsent-Entscheidung
Pfeiler der Soziokratie: offene Wahl

Kreis: gemeinsame Ausrichtung

Der Kreis gliedert in der Soziokratischen Kreisorganisationsmethode die Entscheidungsbefugnis abschliessend. Er repräsentiert die Zuständigkeit für ein organisatorisches Tätigkeitsgebiet und die damit befasste Teilorganisation. Innerhalb der vereinbarten Rahmenbedingungen organisiert der Kreis seine Tätigkeit selbst. Dazu zählen insbesondere die Strategieentwicklung, die Koordination der Arbeit und spezifisch auch die Vereinbarungen über die Zusammenarbeit.

Der Kreis gliedert seine Aufgabe in Teilaufgaben, die er als Rollen innerhalb des Kreises definiert. Die Rollen werden in offener Wahl mit Mitgliedern des Kreises besetzt. Kreise managen damit spezifisch nicht die Menschen, sondern die Arbeit.

Der Kreis ist somit ein Pendant zum bekannten Team, das ebenfalls eine Gruppe von Menschen um eine gemeinsame Aufgabe versammelt. Wenn ein Team konsequente Ausrichtung auf die gemeinsame Aufgabe mit einem hohen Mass an Autonomie in der Umsetzung verbindet, entspricht es einem Kreis im soziokratischen Sinne.

Kreise werden als Dreiecke repräsentiert. Dadurch gleicht die Darstellung einer Kreisorganisation in frappanter Weise einer Pyramide. Dabei symbolisieren die drei Ecken die Hauptaktivitäten des Regelkreises1Neusprachlich verbreitet auch «Feedback-Loop».: Leiten, Tun, Messen2Bei Lean Startup: Build-Measure-Learn; bei Deming bzw. Shewheart: Plan-Do-Check-Act.. Darüber hinaus erzeugen überlappende Dreiecke zwei Überschneidungen, sinnbildlich für ihre doppelte Verknüpfung.

Mitbestimmung: doppelte Verknüpfung

Jeder Kreis, mit Ausnahme desjenigen Kreises, der die soziokratische Organisation als Ganze repräsentiert, entsteht als Erweiterung einer Rolle in einem allgemeineren Kreis. Die Leitungsrolle im spezifischeren Kreis wird damit von aussen vorgegeben. Die Aufgabe der Kreisleitung besteht weiterhin darin, den Auftrag ihrer Rolle, der nun zum Auftrag des Kreises wird. In der Rolle der Kreisleitung besteht somit die erste Verknüpfung zwischen den beiden Kreisen.

Eine zweite Verknüpfung führt die Soziokratische Kreisorganisationsmethode in der Rolle einer:eines Delegierten ein, die jeder Kreis als Vertretung im «übergeordneten», allgemeineren Kreis besetzt. Ihre Aufgabe besteht darin, die Bedürfnisse und Anliegen des entsendenden Kreises nach aussen zu vertreten. Dadurch erhält jeder Kreis direkte Mitsprache in der weiteren Organisation.

Diese doppelte Verknüpfung garantiert gleichwertige Mittel der geordneten Einflussnahme in beide Richtungen3Die doppelte Verknüpfung stellt damit exemplarisch die gleichberechtigte Mitwirkung sicher, ohne dadurch der Beliebigkeit nicht legitimierter Einflussnahme Vorschub zu leisten. Im Gegenteil verbietet sie etwa auch die Einflussnahme durch. Sie durchbricht die einseitige Abhängigkeit der konventionellen Hierarchie und damit die systematische Bevormundung von oben.

Mitverantwortung: der Konsent

Konsent entsteht aus der festgestellten Abwesenheit argumentierbarer Einwände, wonach der betreffende Vorschlag in seiner vorliegenden Form nicht umsetzbar sei. Dazu suchen die Beteiligten bewusst nach möglichen Einwänden, einigen sich über deren Relevanz und adaptieren gegebenenfalls den Vorschlag gezielt, sodass der Einwand sich dadurch auflöst.

Als Einwand gilt dabei ein Argument, wonach der Vorschlag diesen Minimal-Anspruch nicht erfülle. Wenn ein Vorschlag das Problem nicht angeht, besteht kein (gemeinsam festgestellter) Grund, ihn umzusetzen. Wenn er gegen Recht oder Vereinbarungen verstösst oder nicht hinnehmbare Risiken birgt, ist er zu riskant. Ist sein Verbesserungspotenzial zu gering, besteht die Gefahr, wertvolle Ressourcen und Lebensenergie schlecht einzusetzen.

Das soziokratische Konsent-Entscheidungsverfahren führt die Teilnehmenden durch diesen Prozess. Anders als andere Entscheidungsverfahren beantwortet es lediglich die Frage: Können wir mit dem vorliegenden Vorschlag weiterfahren, oder benötigt er weitergehende Überarbeitung?

Gleichberechtigung: offene Wahl

In der Soziokratischen Kreisorganisationsmethode besetzen die Kreismitglieder alle Rollen ihres Kreises in einem offenen Wahlverfahren. Der Ablauf stellt in exemplarischer Weise Transparenz, Gleichberechtigung und Wirksamkeit sicher, wie die Soziokratie sie verspricht.

  • Transparenz, indem sie die Grundlagen zu einem gemeinsamen Bild verwebt. Ausgehend von der Rollenbeschreibung steuern alle Beteiligten ihr Wissen und ihre Überlegungen bei, sodass alle sich im Entscheidungsprozess darauf abstützen.
  • Gleichberechtigung, indem alle Beteiligten durch alle Beteiligten nominiert und diese Nominierungen gemeinsam reflektiert werden.
  • In einem straffen Verfahren nutzt die Gruppe ihre kollektive Intelligenz zur passgenauen Besetzung der Rolle durch eine:n geeignete:n Kandidat:in.

Überdies, und vielleicht als das stärkste Argument für diese Art der Rollenbesetzung, started die:der Neugewählte mit der Bestärkung der argumentativ begründeten Unterstützung des gesamten Wahlgremiums ins Amt.

Fakten zur Soziokratischen Kreisorganisationsmethode

AutorGerard Endenburg
RechteThe Sociocracy Group Schweiz
WeiterbildungSoziokratie-Zentrum Schweiz
Modernisierung und WeiterbildungSociocracy for All / Soziokratie für alle

Fussnoten

  • 1
    Neusprachlich verbreitet auch «Feedback-Loop».
  • 2
    Bei Lean Startup: Build-Measure-Learn; bei Deming bzw. Shewheart: Plan-Do-Check-Act.
  • 3
    Die doppelte Verknüpfung stellt damit exemplarisch die gleichberechtigte Mitwirkung sicher, ohne dadurch der Beliebigkeit nicht legitimierter Einflussnahme Vorschub zu leisten. Im Gegenteil verbietet sie etwa auch die Einflussnahme durch
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