300 Jahre Immanuel Kant

Generierte Imitation eines Ölgemäldes zeigt einen Dozenten wie Kant vor seiner Klasse neben einer grossen Armillarsphäre.

Heute vor 300 Jahren, am 22. April 1724, kam Immanuel Kant zur Welt. Im Verlauf der achtzig Jahre seines Lebens sicherte er sich einen Platz unter den prägendsten Denker:innen der europäischen Aufklärung. Gerade auch unter dem Blickwinkel der Agilität und Selbstorganisation bleiben einige seiner Überlegungen bis heute aktuell und wegweisend. Begann vor 300 Jahren die Idee der agilen Transformation zu entstehen?

Dezentralisierung

Denn die Agilität einer Organisation hängt direkt damit zusammen, wie schnell sie in der Lage ist, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die beste Voraussetzung dafür ist Dezentralisierung: Entscheidungen werden dort getroffen, wo sie anfallen, von denjenigen Kolleg:innen, die mit ihrer Materie befasst sind.

Für Kant stellt diese Dezentralisierung (auf den Staat bezogen in der Form der republikanische Demokratie und des Föderalismus) den Weg zum ewigen Frieden, weil eine kleinräumige Entscheidungsstruktur die Mitverantwortung stärkt und die kollektive Intelligenz für weitreichende Entscheidungen erschliesst.

Verantwortung

Denn von der Verantwortung, für das eigene Handeln wie für das kollektive Gelingen, ging Kants Denken überhaupt aus. Er rief dazu auf, den eigenen Verstand ohne fremde Anleitung zu nutzen. Dass das anstrengend ist, erkannte er auch – und wer erste Erfahrungen mit agilen Ansätzen der Zusammenarbeit oder Selbstorganisation sammeln durfte, kann ein Lied davon singen.

Doch Kant erkennt: Grundsätzlich sind wir alle dazu fähig – wir haben uns lediglich bequem darin eingerichtet, das Denken und Entscheiden anderen zu überlassen. Entsprechend werden erste Versuche der Mitverantwortung ihre Anfangsschmerzen mit sich bringen. Diese können wir überwinden, und heute verfügen agile Organisationen über effektive Unterstützung, bspw. durch den Responsibility Process.

Besser gemeinsam

Es ist die gegenseitige Unterstützung, die diesen schwierigen Weg vereinfachen kann: «Daß aber ein Publikum sich selbst aufkläre, ist eher möglich; ja es ist, wenn man ihm nur Freiheit läßt, beinahe unausbleiblich. Denn da werden sich immer einige Selbstdenkende, sogar unter den eingesetzten Vormündern des großen Haufens finden, welche, nachdem sie das Joch der Unmündigkeit selbst abgeworfen haben, den Geist einer vernünftigen Schätzung des eigenen Werts und des Berufs jedes Menschen, selbst zu denken, um sich verbreiten werden.» (Immanuel Kant: Was ist Aufklärung?)

Die grosse Frage: muss Agilität von oben ermöglicht oder von unten durchgesetzt werden? bekommt hier ihre klare Antwort: Wenn die Rahmenbedingungen es zulassen, werden die betreffenden Kolleg:innen bereit sein, ihre Verantwortung zu erkennen und mitzutragen.

Inspect and Adapt

Agile Teams halten regelmässig inne, um die Form und Wirksamkeit ihrer Zusamemnarbeit zu überprüfen. So forderten es schon die Prinzipien hinter dem agilen Manifest und so halten es Teams mit Unterstützung zeitgemässer Methodik aus Soziokratie, Scrum, Kanban und verwandter Ansätze. Das Prinzip ist Scrum als «Inspect and Adapt», als «Untersuchen und Anpassen» bekannt, andernorts etwa als PDCA-Zyklus oder ähnlich.

Die so gewonnene Erkenntnis ergibt sich aus zwei Elementen: der Beobachtung und der Theorie. Denn Beobachtung ohne Verständnis der Zusammenhänge ist leer, Theorie ohne Realitätsbezug bleibt ein Luftschloss. Kant fand damit eine integrale Antwort auf den damaligen Konflikt zwischen Empirismus und Rationalismus. Echte Erkenntnis entsteht, wenn Menschen Beobachtungen reflektieren, um daraus ihre Schlüsse zu ziehen. Agilist:innen kennen darin beinahe eine Anleitung zur agilen Retrospektive.

Agiler Vordenker?

Auch wenn wir nicht so weit gehen würden, Immanuel Kant als Vordenker der agilen Bewegung auszurufen, so gründen viele Annahmen, die für das Verständnis von Agilität und Selbstorganisation grundlegend sind, auf Kants Denken. Und die Auseinandersetzung mit Kant kann uns dabei helfen, Fragen der agilen Transformation klarer zu beantworten.

Denn auch die agile Transformation ist letztlich ein Weg aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit.

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