Jedes Jahr veröffentlicht Gallup eine Studie, in der das Beratungsunternehmen Wohlbefinden, Stress und Arbeitsplatzzufriedenheit der Angestellten weltweit auswertet. Der State of the Global Workplace Report 2025 zeigt Jahr für Jahr hohe Werte an Stress, Angst und die Bereitschaft zum Arbeitsplatzwechsel stetig auf, während die mentale Gesundheit leidet. Weltweit verharrte der Wert fürs Engagement während zwei Jahren auf Rekordniveau bei 23 % und fiel 2025 deutlich auf 21 %.
Viele Zahlen, eine Botschaft: Erschreckend wenige der Angestellten in der Schweiz sind motiviert bei der Sache.
Engagement bedeutet in dieser Studie: Die Kolleg:innen gehen in ihrer Rolle auf, sie bringen sich ein, sie lernen und leisten. Schon Europa sieht sich in dieser Disziplin abgehängt: nur 13 % finden sich in dieser Beschreibung wieder. Fast drei Viertel arbeiten primär, um eine faire Gegenleistung für ihren Lohn zu erbringen. Und ein Viertel tut gerade das Nötige, um nicht entlassen zu werden. Die Motivation bei der Arbeit ist im Sturzflug.
Rote Laterne mit Schweizerkreuz
Dabei interessiert uns besonders der Blick auf die Verhältnisse in der Schweiz. Wir sehen uns ja gerne als Sonderfall und Gallup bescheinigt uns eine teils deutliche Abweichung vom weltweiten und auch vom europäischen Trend. Nicht immer zum Besseren.
In der Disziplin «Employee Engagement» liegt die Schweiz mit 8 % fast ganz am Ende des Rankings. Platz 37 von 38, einzig vor Kroatien, das um fünf auf 7 % fiel. In einer Gruppe von 13 Mitarbeiter:innen aller Stufen findet das durchschnittliche Schweizer Unternehmen eine Person, die mit Mut, Entschlossenheit und Kreativität vorangeht – ungefähr eine in jedem zweiten Team …
Da ist es keine Überraschung, dass Entscheidungsfindung nach wie vor in hohem Mass zentralisiert wird – es fehlen die Ansprechpersonen. Das verleitet wiederum dazu, Verantwortung von sich zu schieben und das eigene Engagement im Zaum zu halten. Eine Abwärtsspirale, auch in Zahlen. 2024 wurden 9 % berichtet (immerhin 1 von 11), 2023 noch 11 % (1 von 9).
Warum Motivation entscheidend ist
Wer hat den Spruch nicht schon gehört, denn die Haltung ist weit verbreitet: «Es ist mir egal, ob meine Leute motiviert sind, sie werden ja für ihre Arbeit bezahlt.» Wer so spricht (oder im Stillen bei sich denkt), hat eine wesentliche Wahrheit nicht verstanden: Produktivität in der Wissensarbeit lässt sich nicht anordnen. Das beliebte Mittel der Incentivierung durch finanzielle Anreize verfehlt ihr Ziel (und trifft ein unerwünschtes anderes). Im Kontext qualifizierter Tätigkeit durch ausgebildete, selektionierte und weitergebildete Fachleute hängt die Produktivität direkt von der intrinsischen Motivation ab.
P = f(Mi)
Motivation ist damit der entscheidende Faktor auf dem Weg zu besseren Angeboten, grösserer Wirkung, besseren Ergebnissen.
Unbezahlbares Potenzial
Fehlende Motivation macht nicht nur unglücklich, sie kostet auch richtig, richtig Geld. Gallup schätzt, dass fehlendes Engagement die Weltwirtschaft 9 % des BIP, also ihrer ökonomischen Produktivität koste. Wer die Erfahrung kennt, mit Begeisterung zu arbeiten, wird das für eine eher konservative Schätzung halten.
Stelle dir vor, was es für deine Organisation hiesse, Fehltage um 78 % und die Fluktuation um 21 % zu senken!
Schon 9 % sind eine Menge. Und da das gemessene Engagement in Schweizer Unternehmen beinahe dreimal tiefer ausfällt, kämen wir für unsere Verhältnisse auf 26 %.
Über ¼ mehr Produktivität mit der bestehenden Belegschaft – nicht durch mehr Druck, sondern durch bessere Arbeitsbedingungen – klingt nach einer unbezahlbaren Gelegenheit. Wird es uns gelingen, dieses Potenzial zu erschliessen?
Stattdessen gute Arbeit
Ein wichtiger Hinweis darauf findet sich schon im Geleitwort zur Studie von 2024, wo Jon Clifton Engagement direkt mit «good management practice» verknüpfte, aktive Entfremdung dagegen mit einer schlechten Führungspraxis. Diese zeichne sich dadurch aus, dass sie die Voraussetzungen und Mittel dafür bereitstellt, dass alle in der Organisation ihre Arbeit wirksam ausfüllen können.
Wenig erstaunlich, dass Gallup hier den alten Denkfehler machte, der im Widerspruch zu genau der oben gesagten Aussage steht: Unternehmen müssten die Art ändern, wie sie ihre Mitarbeiter:innen managen. Offensichtlich ist hingegen: Unternehmen müssen die Art ändern, wie sie ihre Arbeit steuern – eben um Voraussetzungen und Mittel für gute Arbeit bereitzustellen.
Manage work, not people!
In den von Gallup als «best-practice organizations» bezeichneten Unternehmen kommt die Studie auf durchschnittlich mehr als 70 % engagierter Kolleg:innen. Diese Unternehmen ermöglichen mit zeitgemässer Führung Mitwirkung und Mitverantwortung. Es scheint also möglich zu sein, und wer würde das nicht wollen! Hier kommt die gute Nachricht: Die Methoden und Werkzeuge für eure neue Arbeitswelt liegen bereit. Frage uns danach!